Pflanzenhaus Überlingen

Wettbewerb - Parkhaus und Pflanzenhaus Projektwettbewerb zur Landesgartenschau 2020 in Überlingen

Bauherr – Stadt Überlingen
Ort – Überlingen

© by dörr & irrgang Architekten und Generalplaner GmbH

PARKHAUS

 

STÄDTEBAU

Die gewählte, fließende Form des Parkhauses nimmt die Raumkanten der Straße und der Bahngleise auf. Sie vermittelt mit ihren verrundeten Kanten das polygonale Grundstück mit seiner Umgebung. Das allseitig übergrünte Gebäude integriert das große Bauvolumen in die umgebende Hangstruktur.

 

ERSCHLIESSUNG, GEBÄUDE- U. RAUMSTRUKTUR

Für eine einfache Orientierung der Gäste wird das Parkhaus von Westen aus gemeinsam für PKW, Fahrräder und Fußgänger erschlossen. Die um ein halbes Geschoss zueinander versetzten Parkdecks ermöglichen für den Autofahrer eine gute Blickbeziehung und forthaltende Orientierung durch das Gebäude. Je Etage werden 55 PKW-Stellplätze angeboten. Die im Einfahrtsbereich entfallenden werden im 2. UG im Bereich er nicht weiter abwärts geführten Rampe nachgewiesen.

Im Eingangs- und Einfahrtsbereich sind die Fahrrad- und Pedelec-Stellplätze sowie die Kassenautomaten und das WC angeordnet. Das Haupt- und das Nebentreppenhaus sind jeweils als offene Konstruktion ausgeführt. Wandscheiben überragen in entsprechender Längen die Treppenläufe und bieten somit den nötigen Brandschutz. Das westliche Haupttreppenhaus erschließt mittels eines Aufzugs jedes Voll- und Halbgeschoss des Parkhauses barrierefrei. Bewusst wurde mit Blick auf gehunsichere Personen auf Parkrampen wie auch auf kraftbetätigte Türanlagen verzichtet.

Für die PKW-Ausfahrt wird ein Linksabbiegegebot ausgesprochen wodurch ein Kreuzen mit dem einfahrenden Verkehr verhindert wird, die wegfahrenden Gäste aber weiterhin über die westliche Einmündung der auf die Bahnhofstraße sowohl stadtein-, als auch stadtauswärts fahren können.

 

TRAGWERK

Die Stahlbetonkonstruktion des Parkhauses ist auf ein Minimum an Elementen reduziert: Flachdecken mit Randaufkantung (Schrammbord), Rundstützen und zur Aussteifung und Abgrenzung der Treppenhäuser notwendige Wandscheiben. Die geraden Halbrampen reduzieren den Schaltungsaufwand.

 

FASSADE

Das Gebäude wird allseitig von einem gleichzeigt als Absturzsicherung dienenden Rankgerüst umschlossen und vom Boden und vom Gründach aus berankt. Ein Pflanzenmix aus als immergrünen, saisonalen und lokalen Klettpflanzen betont den Standort Überlingen: Hopfen (Humulus lupulus), Immergrünes Geissblatt (Lonicera henryi), Blauregen (Wisteria sinensis / floribunda / frutescens), Cotoneaster (Cotoneaster dammeri „Skogholm“), Efeu (Hedera helix).

Die Begrünung integriert das Gebäude optisch in die dahinter liegende Hangstruktur.

Gleichzeitig sorgt die Begrünung für einen belebten Fassadenrhythmus und hält auf natürliche Weise die Balance zwischen Ausblicken von innen und Einblicken von außen.

 

FARBEN UND FORMEN

Zur Orientierung im Parkhaus sind die Deckenuntersichten vollflächig farbig gefasst: eine Pallette beginnend mit hellem Gelb zur Begrüßung im Einfahrtsbereich über frisches Grün im 1. Obergeschoss zu tief- und zartblauen Tönen in den obersten Etagen erleichtern die Auffindbarkeit des PKW und nehmen aus dem Straßenraum betrachtet die Farben der umgebenden „horizontalen Schichtung der Landschaft“ auf. Bewusst nimmt sich das Parkhaus durch seine verrundete Kanten als das größte Bauwerk am Ort gegenüber den kantig gegliederten Gebäuden der Nachbarschaft zurück.

 

GEBÄUDETECHNIK

Durch die allseitig offene Struktur kann auf eine mechanische Belüftung verzichtet werden. Die Ventilation des 2.OG ist zu prüfen.

 

NACHHALTIGKEIT

Durch die simple bauliche Struktur wird der Energieverbrauch in der Errichtung, als auch im Unterhalt reduziert. Bei der Tragstruktur wurde darauf geachtet, dass wirtschaftliche Spannweiten eingehalten wurden. Die eingesetzten Materialien des Stahlbetons und des Metallgewebes sind zudem günstig im Unterhalt.

Das Gebäudekonzept versteht sich durch seine einfache Bauweise und offene Struktur nach innen und außen als Synergie aus seiner klaren Struktur im Inneren und dem das Gebäude umgebenden Landschaft. Es ist damit in alle Richtungen umsichtig.

 

PFLANZENHAUS

 

STÄDTEBAU

Das Pflanzenhaus Überlingen bildet sowohl einen Endpunkt, als auch einen Auftakt der Uferpromenade. Durch seine freie Form aus zwei Ellipsen wird das Pflanzenhaus Teil des fließenden Landschaftsraums am See.

 

ERSCHLIESSUNG, GEBÄUDE- U. RAUMSTRUKTUR

Das Pflanzenhaus ist ein Tor zur Landesgartenschau: ein Ensemble aus zwei elliptischen Baukörpern weitet den vorhandenen Gehweg zu einem baumbestandenen Vorplatz, formt wie in einer Altstadt eine geneigte Gasse hinunter zum See um sich mit weitem Seepanorama zum unteren Platz vor dem Haupteingang zu öffnen. Das Gebäude wird in Fortführung der Seepromenade betreten.

 

Im Inneren leitet ein geschwungenes Wegesystem topografisch modellierten in Form einer 8 durch beide Gebäudeteile und eröffnet unterschiedliche Perspektiven auf die Pflanzwelt. Die Rampenanlage ermöglicht beide Baukörper unter der Gasse hindurch zu verbinden. Im Durchgang zwischen den Gebäudeteilen befinden sich die Nebenanlagen.

 

AUSSTELLUNG

Durch die in alle Richtungen dynamische Form des elliptischen Baukörpers mit seinem geneigten Dach und seiner Bodentopografie entsteht ein vielfältiges Angebot an Standorten und Blickrichtungen. Zudem fördert die Aufteilung in zwei Gebäudehälften die Vorfreude auf das erst später Sichtbare. Im hinteren Gebäudeteil führt der topografisch dynamische Weg den Besucher auch entlang des Fundamentring, der ausgebildet als Steinwand, Heimat für Pflanzen aus felsigen Regionen ist.

 

TRAGWERK

Die prägnante Form des Gebäudes wird mittels einer überaus einfachen Konstruktion als vornehmliches Holztragwerk kostengünstig in Leichtbauweise realisiert:

Auf einem nach unten offenen einfachen Ring aus Stahlbeton werden jeweils 42 baugleiche Leimholzbinder montiert und über einem oberen Ring aus Stahlrohr gekoppelt.

Dieser Ring ist der Rahmen des horizontal aufgespannten Seiltragwerks des Dachs, das wie das Racket eines Tennisschlägers als Zusammenspiel aus Druckring und Zugseilen ein filigranes Dach bilden. Auf der Seilkonstruktion ist mittels Punkthaltern ein flach geneigtes Glasdach montiert. Der Innenraum ist somit komplett stützenfrei.

Die vertikale Verglasung wird ähnlich einem Pfosten-Riegel-System von außen auf die Holzpfosten montiert.

Die Pfosten überkragen die Ebene des Glasdaches um über diesem den verfahrbaren, außenliegenden Sonnenschutz zu halten: eine Drehachse entlang der Gebäudehauptachse fährt zu beiden Seiten synchron ein Sonnensegel ein und aus und ermöglicht über diesen einfachen Mechanismus eine flächendeckende und formschlüssige Verschattung.

 

BETRIEB

Je Gebäudeteil wird ein Segment der vertikalen Hülle als geschosshohe Einbringöffnung ausgebildet. Zum Versetzen schwerer Lasten im Innenraum wir ein Seilkran, welcher entlang des Druckrings der Dachkonstruktion verläuft, verwendet. Über dieses System ist jeder Punkt des Gebäudes erreichbar.

 

GEBÄUDETECHNIK

Die Fassade kann je nach Bedarf über die Ergänzung einer zusätzlichen, einfachen inneren Verglasung zu einer Doppelfassade ausgebildet werden und somit als Kastenfenster im Winter Wärme für das Pflanzenhaus generieren, als auch im Sommer mittels Durchlüften der Fassade hohe Wärmelasten abführt.

Zur Steuerung der Be- und Entlüftung sind je Fassadensegment am Fuß- und am Kopfpunkt Lüftungselemente integriert.

Die gewünschte thermische Solaranlage wird mit Vakuumröhren im oberen Bereich in nach Süden orientierten Segmenten in der nötigen Anzahl in die Gebäudeform intergiert.

Der im hinteren Teil des Gebäudes nach innen offen liegende Fundamentring ist durch seine Masse ein optimaler nächtlicher Wärmespeicher.

 

NACHHALTIGKEIT

Durch die Fassade wird der Energieverbrauch reduziert, da keine komplexen Wärmebrücken entstehen. Bei der Tragstruktur wurde darauf geachtet, dass die Spannweiten klein gehalten werden. Grundsätzlich wird die Behaglichkeit mit einem möglichst geringen Technisierungsgrad sichergestellt.

Für einen verminderten Materialeinsatz wir das Gebäude als Holz-Leichtbau aus regionalen und nachwachsenden Baustoffen ausgeführt. Die günstige Gebäudehüllzahl führt sowohl in der Errichtung, als auch im Gebäudeunterhalt zu einer ökologischen wie ökonomischen Optimierung.

 

FARBEN UND FORMEN

Das Gebäude setzt einzig auf die natürlichen Farbigkeiten der verwendeten Materialien und tritt über seine organische Formensprache nicht in Konkurrenz zur Pflanzenwelt im und um das Gebäude herum. Die unterschiedlich geneigten Glasflächen nehmen durch ihre Spiegelung facettenreich die Umgebung auf.

 

AUSSENRAUM

Ein in Streifen parallel zur Bahnhofstraße verlegter Plattenbelag öffnet den vorhandenen Gehweg hinein auf das Grundstück und bildet den straßenseitigen Vorplatz. Zu seinen Rändern hin ist der Belag ausgedünnt und verzahnt sich sanft mit der umgebenden Rasenfläche. Dies unterstützt die fließende Dynamik der beiden ellitpischen Baukörper im Landschaftsraum. Den Besuchern bietet sich entlang der Hauptwegerichtung ein geschlossener und barrierefreier Belag und formuliert zugleich das Angebot Kontakt mit den Wiesenflächen aufzunehmen.

Vereinzelt wie Trittsteine sind Teile des Belags als Sitzbänke aus dem Boden emporgehoben.

 

FERNWIRKUNG

Durch seine organische Form und Transparenz wird das Gebäude integrativer Bestandteil des Landschaftsraums am Ufer. Gleichzeitig setzt die eigenständige Form des Gebäudeensembles ein unverkennbares Landmark: einen Endpunkt am Ende der Uferpromenade. Die entgegengesetzt geneigten Dächer und versetzt zueinander stehenden Baukörper bilden für Besucher im Inneren, Spaziergänger darum herum und für Wassersportler von weitem ein sich stets dynamisch veränderndes Bild und machen Lust auf das Entdecken der Kakteen darin.