Stadtmitte Bad Krozingen

1. Platz - Mehrfachbeauftragung zur Planung einer neuen Stadtmitte im Bereich der Basler Straße

Bauherr – Stadt Bad Krozingen
Ort – Bad Krozingen

Planungszeit – 2016
Investoren in zeitlicher Reihenfolge – SÜBA Bauen und Wohnen Karlsruhe GmbH, Gisinger Wohn- und Gewerbebau GmbH und Wohnbau Baden AG
Landschaftsarchitekt – Bernd Meier, Freiburg i. Br.
Lichtgestaltung – vogtpartner, Freiburg i. Br. und Winterthur

© by dörr & irrgang Architekten und Generalplaner GmbH

Ausgangslage

In der bisherigen Situation trennt die B3 den Bereich um den Lammplatz vom St .Alban-und-Rathaus-Quartier. Das Planungsgebiet liegt zu beiden Seiten der B3. In der Überplanung dieser Fläche liegt für die Stadt Bad Krozingen nach der Ernennung zur Stadt die einmalige Chance aus der Dorfstraße einen Stadtkern zu entwickeln.

Idee und Stadtraum

Im nun zusammenhängenden Stadtkern Bad Krozingens lädt der Wechsel von schmalen und weiten Räumen zum Flanieren in Gassen und Verweilen auf Plätzen ein. Jeder Platz erhält hierbei seinen eigenen Charakter: vom Lammplatz als dem Haupt- und Marktplatz geht es über den sog. Scheelplatz, einem dicht gefassten Raum, zum Rathausplatz. Dieser wird gefasst durch die in diesem Quartier wichtigsten, öffentlichen Gebäude: die Kirche St. Alban, das Rathaus, das Scheelhaus und das neue Geschäftshaus mit der Stadtverwaltung und Gewerbeflächen. Über das Planungsgebiet hinaus schlagen wir auf der Südseite der Kirche die Errichtung eines Gebäudes für kirchliche Nutzungen vor: den sogenannten C-Punkt.

Vor dem C-Punkt wird axial im Platz der vorhandene Brunnen aufgestellt und bildet, umgeben von einem Blätterdach, den südlichen Übergang des Platzes zur Basler Straße in Richtung Schloss. Mit diesem Hain bleibt die Wege- und Sichtverbindung nach Süden bestehen und gleichzeitig erhält der Platz hier seinen südlichen Abschluss.

Folgt man in der Gegenrichtung von Süden kommend dem Verlauf der Basler Straße, verschwenkt der Weg über eine Piazzetta (kleines Plätzchen) mit dem Zugang zum Hieber-Markt, neuen Geschäften und Cafés durch die neue Basler Gasse zurück zum Scheelplatz und weiter in Richtung Nepomukbrücke und Neumagen.

Die gesamte Innenstadt wird zu einem zusammenhängenden und erlebnisreichen Stadtraum von unterschiedlichsten Wegen und Plätzen. Durch das Aufnehmen von charakteristischen Raumkanten aus der Umgebung nehmen sich hierbei die Neubauten deutlich zurück und fügen sich in das gewachsene Bild der Stadt ein und formen Plätze und Gassen.

Dachlandschaft

Die Umgebung des Quartiers ist geprägt von geneigten Dächern, vornehmlich Satteldächern, welche an Straßenecken meist gewalmt sind. Die Neubauten nehmen dieses Thema auf. Entlang der Rathausgasse, dem Rathausplatz und zur westlichen Wohnbebauung erhalten die neuen Gebäude klassische, horizontale Traufen. Parallel dazu verlaufen die Firste in Gebäudehauptrichtung ebenfalls klassisch, horizontal. In das Gebäudeensemble hinein, hin zur Piazzetta und Basler Gasse, wird die Dachlandschaft variiert und mit steigenden und fallenden Kanten modern interpretiert. Dachterrassen schaffen den sonst für schräge Dachgeschosse fehlenden Außenbezug.

Gelände und Höhenentwicklung

Die neuen Gebäude sind dreigeschossig zuzüglich eines Dachgeschosses (III+D). Sie vermitteln zwischen den Höhen der südlichen Basler Straße und denen des Rathauses. Die bisherige Topografie wird im Prinzip übernommen. Gemäß der aktuellen Bauvorschriften sind alle Gebäude und Aufenthaltsflächen barrierefrei erreichbar.

Grünkonzept und Kunst im öffentlichen Raum

Die neuen Plätze und Gassen führen den erst kürzlich eingebauten, nördlich und südlich angrenzenden Pflasterbelag fort und unterstreichen somit die Kontinuität des Stadtraumes. Mit einem leicht unterschiedlichen Pflasterbelag liegt in dem gleichförmigen Belag der Umgebung – wie ein Teppich – der Rathausplatz. Für einen freien Blick auf die hier meist öffentlichen Gebäude und zur Aufnahme diverser Veranstaltungen ist er bewusst offen und frei von Stadtmobiliar gehalten. Ein Bächlein, gespeist aus dem Brunnen, akzentuiert diese Geste. Die bestehende bogenförmige Treppenanlage vor dem Rathaus wird auf den Eingang ausgerichtet und bildet – wie eine Bühne – den nördlichen Abschluss des Platzes.

Schmale, gehaltene Stadträume sind bisher in Bad Krozingen selten zu finden, bieten aber eine hohe Aufenthaltsqualität. Die Piazzetta ist ein solcher Raum. Überkront durch einen einzelnen Baum entschleunigen sich hier die Wege und bilden eine attraktive Geschäftszone.

Im Unterschied zur Piazzetta bietet auf dem Scheelplatz ein mittig aufgestelltes Kunstwerk dem Flaneur Orientierung beim Weitergehen.

Die Kunst im öffentlichen Raum unterstreicht die jeweiligen Charaktere der Räume und „erzählt“ jeweils eine andere Geschichte des Ortes.

Verkehrliche Erschließung

Mit den neuen Stadträumen schafft Bad Krozingen eine zusammenhängende Innenstadt, bei der der Fußgänger im Mittelpunkt steht. Der nach dem Bau der Umgebungsstraße verbleibende Ziel- und Quellverkehr wird um das St.Alban-und-Rathaus-Quartier östlich herum geführt. Zu Zwecken der Belieferung sind alle öffentlichen Flächen weiterhin mit Fahrzeugen befahrbar.

Neben dem vorgeschlagenen C-Punkt liegt die Einfahrt in die neue, öffentliche Tiefgarage unter dem Rathausplatz. Die Einfahrt ist damit von Süden und Norden kommend erreichbar. Die geradlinige Form der Garage bietet eine optimale Übersicht des Parkraums und vermeidet Angsträume. Fußgänger erreichen die Garage über die Geschäftsgebäude D und E. Der bisherige Durchgang zwischen Scheelhaus und Rathaus wird als Ausfahrt aus der Garage in die Joseph-Vomstein-Straße genutzt.

Die privaten Stellplätze des Projekts befinden sich unter dem westlichen Doppelgebäude und sind über die Garage des südlich angrenzenden Nachbargebäudes erschlossen.

Abhängig davon, ob die öffentliche Tiefgarage unter dem Rathausplatz gebaut werden soll oder nicht, wird das Blätterdach am südlichen Ende des Rathausplatzes als Baumhain oder als Pergola ausgeführt.

Nutzungsstruktur

Entsprechend der Lage in der Stadtmitte bieten die Erdgeschosse vornehmlich Ladengeschäfte und Flächen für Gastronomie an. In den eher öffentlich orientierten Gebäuden D und E befinden sich die geforderten 1.000 m² Bürofläche für die Stadtverwaltung, sowie die Möglichkeit zur Erweiterung oder Ergänzung um Praxisflächen. Ein Verbindungsgang in den Obergeschossen zwischen beiden Gebäuden schafft eine höhere Flexibilität sowie gegenseitig den für gewerbliche Anlagen notwendigen zweiten baulichen Rettungsweg. In den Gebäuden liegen die Büroflächen jeweils um einen zentralen Kern und sind somit frei einteilbar.

Das Doppelhaus A+B ist in den Obergeschossen als Wohngebäude angelegt. Die vorwiegend 2- und 3-Zimmer-Wohnungen orientieren sich vornehmlich hin zur Nachmittags- und Abendsonne in Richtung der angrenzenden Wohnbebauung.

Denkmalschutz und Materialität

Das Projekt setzt deutlich auf die Verwendung von regionalen und natürlichen Materialien. Die Neubauten nehmen den Farbklang der Umgebung aus hellen und leicht warmen Tönen – vorwiegend mit einem Augenmerk auf historische Baustoffe – auf und vereinen damit sich und ihre Umgebung zu einem stimmigen Ensemble.

Energie

Durch die Ausrichtung der Wohn-und Büroräume auf die öffentlichen Plätze und in den Garten kann trotz der kompakten Gebäudeanordnung eine optimale Tageslichtnutzung erreicht werden. Die Gassen bieten den für den Brandschutz notwendigen Abstand um hier mit sog. „nichtnotwendigen“ Fenstern auch Nebenflächen zu belichten und zu belüften.

Die Gebäude erhalten einen, den aktuellen Anforderungen nach Energieeinsparung entsprechenden, wärmegedämmten Wand- und Dachaufbau. Zudem leisten die kompakten Gebäudeformen einen Beitrag zur Optimierung des Verhältnisses von Gebäudehülle und Gebäudevolumen.

Wo für die Nutzung nötig, schaffen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung ein behagliches und energieeffizientes Raumklima. Durch den Einsatz von lokalen Baumaterialien und ortsansässigen Handwerksbetrieben wird die Gesamtenergiebilanz des Projektes – durch Einsparungen bei der sog. „grauen Energie“ – nachhaltig und positiv unterstützt.

Die zentralen Versorgungsleitungen in der heutigen Bundesstraße können nach ersten Abstimmungen mit den Versorgungsunternehmen in weiten Teilen erhalten bleiben bzw. durch das Gebäude E wie mit einer Brücke überbaut werden. Gasleitungen können bei Bedarf durch die Basler Gasse geführt werden.

Lichtgestaltung

Die vorgeschlagene Lichtgestaltung baut auf drei unterschiedlichen Stadtraum-Erlebnissen auf: der gemütlichen Gasse, dem klaren Weg und dem offenen Platz.

Gassen – Die zum Flanieren einladenden Gassen haben abends eine sehr warme und weiche Lichtstimmung. Subtil leuchtende Wandleuchten, welche am Boden gemütliche Lichtinseln bilden, führen an Geschäften vorbei zu den Plätzen und fördern das Raumerlebnis von klein zu groß.

Wege – Die gleichmäßige, warme Ausleuchtung der etwas größeren Wege unterstützt den klaren Übergang der verschiedenen Stadträume.

Plätze – Das neutralweiße Licht auf den Plätzen sorgt in den Abendstunden für Übersicht und Größe. Gleichsam bildet es die ruhige Bühne für die eigentlichen Akteure: die Menschen und ihre Geschichten. Alte und neue Wurzeln der Stadt schimmern zurückhaltend auf und laden zum Entdecken ein: Säule, Rathaus-Kubus, Wasserspiel und Kirchturm.

Letzterer wird zur abendlichen Landmark und sorgt für eine einladende und städtische Orientierung. Die vorliegende Gestaltung funktioniert auch als Zentrumsbaustein und grundsätzliche Lichtsprache für den Stadtraum Bad Krozingen als solches.

Umwelt, Sicherheit und Lichttechnik  – Die vorgeschlagene Lichtgestaltung ist eine grundsätzlich nachhaltige, welche weder Lichtverschmutzung noch unnötigen Unterhalts- oder Energieaufwand aufweist. Entsprechender Umgang mit Technologie und Beleuchtungsart stellen dies sicher und sorgen auch für die gefühlte Sicherheit.

Vorfreude

Wir alle aus dem Planungsteam bedanken uns für Ihr Vertrauen in unsere Arbeit und freuen uns darauf, mit Ihnen über neue Gassen und Plätze durch die Innenstadt Bad Krozingens zu schlendern.